Man kennt ja diese Sätze, die mit „…eigentlich müsste man doch mal…“ anfangen, und so ging es meinem Freund Gernot Schrader und mir bereits im Jahre 1992. Der Satz endet mit „…um die Ostsee mit einem Trabant fahren…“ Nun gut, damals ein durch die politische Situation der Balten und der damaligen GUS Staaten nahezu unmögliches Unterfangen. So war die Antwort auf den Satz auch wie nicht anders zu erwarten: „Das kannst Du vergessen, das geht nicht!“
Nun, kaum zwanzig Jahre später, sind wir nicht nur älter sondern auch weiser geworden. Aber sind wir vernünftiger geworden? Und so kam doch plötzlich wieder dieser Satz: „Eigentlich müsste man mal mit dem Trabi um die Ostsee fahren…“ Und die Antwort?
Bereits Ende 2011 begann ich meine Suche nach einem geeigneten Fahrzeug. Wir wollten möglichst original fahren und so kam nur ein Zweitakter in Frage. Durch einen Zufall bekam ich einen Trabant 601 Universal angeboten, der erst gut 21.500 km gelaufen hatte. Der Wagen war Baujahr März ´90 und bereits im August 1992 wieder abgemeldet worden. Einen Westbrief hatte er nicht mehr erhalten und nach nahezu 20 Jahren Stillstandszeit war die eine oder andere Arbeit zur Wiederbelebung durchzuführen. Ich begann mit der Spritversorgung, denn der Tank, Benzinhahn und der Vergaser waren komplett dicht. Die Leitungen flogen sofort raus und der Tank wanderte zusammen mit einer Hand voll Kieselsteinen für fünf Stunden festgespannt auf den Betonmischer. Nach der Reinigung und mit vorgeöltem Motor wurde dieser erstmalig nach 20 Jahren gestartet und er lief wirklich gut. Danach kam die Bremse dran, die natürlich komplett fest war. Ein Austausch aller Zylinder, neue Bremsflüssigkeit und eine vernünftige Reinigung der restlichen Komponenten brachte den gewünschten Erfolg. Es folgten weitere kleine Reparaturen, eine große Wartung inklusive Wechsel des Getriebeöls, neue Reifen sowie die Vorbereitung auf die Tour. Anfang Juni kam dann die Vorstellung beim technischen Sachverständigen (der Sachverstand ließ allerdings zu wünschen übrig!) und die finale Zulassung.
Um den Trabi anschließend auf Herz und Nieren zu prüfen, bin ich dann die darauffolgende Woche täglich damit zur Arbeit gefahren. Das klingt nicht weiter wild, jedoch habe ich einen Arbeitsweg von 80km, je Richtung. Am Wochenende vor der Tour ging es dann fast fertig gepackt zur letzten Probefahrt zu Gernot nach Flensburg, dann auch schon mit Dachzelt. Auch diese gut 600 km spulte der Trabi ohne Probleme ab, auch wenn es sehr stürmisch war und der Scheibenwischer auf der Rückfahrt wegen des Dauerregens die ganze Zeit lief. Leider gab es innen keinen Scheibenwischer, denn die Dichtung erfüllte nur noch bedingt ihren ihr zugedachten Zweck. „Getuned“ wurde unser Trabi übrigens nur durch eine zusätzliche Batterie mit 230V-Konverter sowie einem Navi, dass uns allerdings in den wichtigen Phasen ab und zu in Stich lassen sollte und wir zur konventionellen Navigation übergehen mussten.
Im Rahmen der Vorbereitung ging es natürlich auch darum, die richtigen Ersatzteile einzupacken. Getreu dem Motto „alles was wir mit haben, geht auch nicht kaputt“, wurde der Stauraum rund um das Reserverad gefüllt. Schwere Teile, wie der Satz Kolben/Zylinder, die Kurbelwelle und die beiden Antriebswellen wanderten in den hinteren Fußraum. Sieben Liter 2-Takt-Öl fanden ihren Platz im Motorraum und dank zweier angepasster Brettchen fand sich rechts und links des Kofferraumzwischenbodens Stauraum für Reservekanister und Pannenausstattung.