Schwanewede bis Palermo

26. Dezember 2016, 1. Tag, Schwanewede – Ehingen

Pünktlich um 7:30 stand das Gespann zur Abfahrt auf meinem heimatlichen Hof, der Fährplate, bereit, und nachdem ich mich von meiner Familie und Gerd verabschiedet hatte, wurde das Aggregat des Boliden gestartet.
Nach nur ca. 1 km fing es dann sehr heftig an zu regnen. Dieser Regen hielt den ganzen Tag an und hörte erst ca. 30 km vor dem Tagesziel wieder auf.

An der Autobahnabfahrt Schwanewede erwarteten dann mein Beifahrer Stephan mit seiner kleinen Familie und auch Björn, der erst zur zweiten Etappe dazu stoßen sollte und sicher gehen wollte, dass wir wirklich losfahren.

Die ersten Kilometer waren schnell gemacht und so flogen wir fast durch Niedersachen. Bei Bockenem fing der Trabi ein wenig an zu stockern. Wir fuhren ab zu einer Tankstelle, leerten den Wassersack des Benzinhahns, tankten einmal richtig voll, und der Fehler trat nicht mehr auf. Weiter ging es in Richtung Lutherberg, der die erste richtige Herausforderung für unsere 26 PS (laut meiner Tochter Lena die Abkürzung für Ponystärken) sein sollte. Aber mit 43 km/h im 2. Gang meisterten wir auch ihn. Wir waren siegesbewusst für die beiden morgigen Pässe in den Alpen.

Den restlichen Tag gab es bis auf den Dauerregen kaum etwas zu berichten, außer dass anscheinend das Auto doch zu klein für die 2 Meter Körperlänge von Stephan ist. Er schlug sich den Kopf am Dachzelt auf, aber das Zelt ist gottseidank heil geblieben. Nach 762 km kamen wir gegen 18:30 Uhr beim Haus meines Onkels in Ehingen (Donau) an. Kurz nach unserer Ankunft wurden wir mit allerhand Leckereien verwöhnt. Ein köstliches Abendbrot, Wein, Bier, und so fielen wir schließlich erschöpft und zufrieden ins Bett.

27. Dezember 2016, 2. Tag, Ehingen – Modena, km 762

Am Morgen wurden wir mit Spiegeleiern, Speck und gebratenen Pilzen überrascht, bevor es auf die Piste ging. Es hatte gefroren und nach dem Freikratzen übernahm Stephan erstmals das Volant des Trabants. Es ging zunächst über Land in Richtung A7 und dann Kurs Süd nach Füssen.

Dort wechselten wir, denn für die Fahrt durch die Alpen musste man schon recht genau wissen, die 26PS situationsgerecht zum Einsatz zu bringen. So fuhren wir den Fernpass hinauf auf 1216 Meter. Hinter der Kurve mit Blick auf die Zugspitze wurde es dann wirklich ernst, und wir fuhren im 2. Gang mit 40 km/h die Steigung hoch. Ein wirkliches Verkehrshindernis waren wir aber überraschender Weise nicht. Wegen des dichten Verkehrs hatten wir nach kurzer Strecke alle anderen Fahrzeuge wieder eingeholt und auch die Schlange hinter uns hielt sich in Grenzen. Die Abfahrt ins Inntal war dann eine Herausforderung für unsere kleinen Trommelbremsen, und da natürlich dann keine Heizung mehr funktionierte (keine Motorwärme), war die Entscheidung für die langen Unterhosen sicherlich die richtige. Kurz vor der Autobahn haben wir dann alles einmal vollgetankt, denn für 1,18 Euro je Liter werden wir in Italien nichts finden (Preise bis 1,86€).

Mit zusätzlichen 50kg ging es nun den Brenner (1370m Meter) hinauf. Auch hier mussten wir teilweise in den 2 Gang während der neumodische Kram an uns vorbeiflog. Doch dann waren wir in Italien, und gefühlt ging es bis Modena nur noch bergab.

In Maranello schauten wir dann noch schnell beim Ferrari-Werk vorbei. Als wir aber feststellen mussten, dass es für diese Autos keine Anhängerkupplung gibt, war klar, dass wir das Dachzelt nicht hätten mitnehmen können. Da verzichten wir lieber auf einen Tausch. Unsere Pension erreichten wir dann um 19:00 Uhr und in der direkten Nachbarschaft lud eine Trattoria ein.

28. Dezember 2016, 3. Tag, Modena – Salerno, km 1421

Keine besonderen Vorkommnisse; so lässt sich dieser Reisetag beschreiben.
Nach dem bescheidenen Frühstück unserer Pension musste ich erst mal kratzen. Es hatte wieder gefroren. Doch danach ging es zunächst zum neuen Werk von Philip Morris, um dort ein Foto vor dem Werktor zu machen. Eine kleine Tradition, denn mein Trabi stand schon vor den Werken in St. Petersburg, Berlin, Dresden und Krakau. Vorher wurde noch Kraftstoff gebunkert, und dann ging es auf die Autobahn. Durch die Abruzzen führen teils zwei Autobahnen parallel, denn es gibt sowohl die alte Strecke als auch eine Neubaustrecke mit deutlich mehr Tunneln. Auch wenn diese touristisch sicherlich uninteressanter ist, entschieden wir uns für den bequemeren Weg.

Nahe Rom machten wir eine Mittagspause. Bei Sonnenschein und 18 Grad Außentemperatur gönnten wir uns eine Erbsensuppe vom eigenen Kocher aus dem Anhänger. Stühle raus, Tisch aufgebaut, und wir waren die Attraktion der Raststätte. Leider mussten wir auf ein durchaus in die Situation passendes Bier verzichten, aber wir genossen es dennoch.

Weiter ging es in Richtung Neapel. Gegen 18:00 Uhr erreichten wir unsere Herberge, ein 4-Sterne-Haus mit einem schönen Garten, Pool und einem vernünftigen Zimmer. Luxus für 41,20 € das Doppelzimmer (natürlich incl. Frühstück). Wir entschlossen uns, ein Abendessen zu gönnen. Der Kellner brachte uns eine Flasche Rotwein, stellte sie auf den Tisch und ging wieder. So schenkte ich den Wein ein und musste feststellen, dass er kühlschrankkalt war. Also sprachen wir den Kellner darauf an, als er uns Brot brachte. Kurz darauf wurde uns der Wein weggenommen und ein anderer Herr kam mit einer neuen Flasche Wein. Er öffnete diesen, roch am Korken, legte diesen auf eine kleinen Teller und präsentierte ihn mir zum Testen. Dann goss er mir einen Schluck zum Probieren ein, und dieser Wein hatte die perfekte Temperatur. Es war anscheinend der Manager des Hotels, und spätestens ab diesem Moment kannte uns anscheinend das ganze Personal. Wir wurden vorzüglich bedient und bedankten uns mit einem adäquaten Trinkgeld. Als Stephan nachts kurz an den vorm Haupteingang parkenden Trabi ging, um eine Flasche Wasser aus dem Anhänger zu holen, waren nach Sekunden plötzlich zwei Personen da, die unser Auto beschützen wollten.

29. Dezember 2016, 4. Tag, Salerno - Palermo, km 2067.

Wie kaum anders erwartet, wurden wir mit einem freundlichen Lächeln am nächsten Morgen zum Frühstück erwartet. Es wurde kurz zwischen dem Bediensteten getuschelt, und dann gab es ein reichhaltiges Frühstück mit leckerem Kaffee und Tee.

Auf der Tankstelle wollte uns ein freundlicher Tankwart davon abbringen, das Öl in den Tank zu kippen und nach kurzer Zeit schauten vier weitere Gesichter ungläubig auf die beiden Kerzenstecker unseres kleinen Kraftwerks. Die Verbrauchsberechnung ergab einen Wert von 7,15 Litern, neuer Rekord trotz Bergpassagen.

Und dann sahen wir um 9:58 Uhr das erste Mal das Mittelmeer und den Hafen von Salerno bei Sonnenschein. Keine halbe Stunde weiter wurden wir dann in den Bergen von Schneeregen überrascht. Waren wir wirklich in Süditalien und hatten gestern noch fast 20 Grad?

Die Passage durch das südliche Italien war mehr als anspruchsvoll. Neben dem Schneetreiben ging es hier richtig zur Sache, und auch wenn die Strecke viele Tunnel aufwies und gut ausgebaut war, ging es über lange Steigungen bis auf 1100 Meter hoch. Auf einer alten Raststätte, die abseits der neuen Autobahn lag und aussah, als würde man nur noch die letzten Bestände verkaufen, gönnte ich mir einen Kaffee. Ich bat den freundlichen Herrn um das direkte Befüllen meines Thermobechers. Er spülte zunächst den Becher mit heißen Wasser aus und füllte dann zwei Kaffee mit ein wenig Milch dazu ein. Er berechnete mir dafür einen Euro.
Wir fuhren weiter, und die Region wurde sichtlich ärmer, und die meisten Ortschaften zeichneten sich durch leerstehende Industriebauten aus.

Gegen 16:00 Uhr waren wir dann in Villa San Giovanni, von wo aus die Fähre nach Sizilien abfuhr. Ein absolut chaotischer Fährhafen, der mehr als schlecht beschriftet war. Wir hielten an einem der Ticketschalter und wurden sofort von einem Schlepper begrüßt. Der Kartenverkäufer widmete uns keines Blickes, denn schließlich war er ja mit seinem Handy beschäftigt. Mehr oder weniger wortlos bekamen wir die Fährkarten und mussten für die ca. 30-minütige Überfahrt 51 Euro berappen. Unser Schlepper war mit einem Euro Trinkgeld nicht sonderlich zufrieden für seine 2-minütige „Arbeit“ – wir fanden es mehr als angemessen.

In Messina angekommen landeten wir im dichten Verkehr, fanden aber recht schnell die Autobahn nach Palermo. Es folgten weitere 250 km durch gefühlte hundert Tunnel, Hagelschauer, extremen Sturm und auf einer drittklassigen Autobahn. Wegen der Wetterlage hatten wir uns spontan von der Idee getrennt, im Dachzelt zu schlafen, und ein Hotel oberhalb Palermos gebucht, wo wir gegen 21:00 Uhr nach 2765 km heil ankamen. Unser selbst gestecktes Ziel (25 Euro pro Nase und Nacht) konnten wir mit „Abstrichen“ bei Ausstattung und Komfort erreichen: Der Außenpool mit Blick auf Palermo war leider nicht beheizt…

30. Dezember 2016, 5. Tag, Palermo, Startkilometer 2765

Heute wollten wir es etwas ruhiger angehen lassen. So nutzten wir die Gelegenheit, auszuschlafen und gemütlich zu frühstücken. Danach widmete ich mich dem Trabant, denn beim Anhänger hatte der Blinker links den Betrieb eingestellt. Ein etwas schwer zu findender Fehler, denn ohne Glühlampe war zwar eine Spannung zu messen, die jedoch bei installierter Lampe sofort zusammenbrach. Der Fehler war schließlich ein Kabelbruch in der Anhängersteckdose am Trabant; dort hing das Ganze nur noch an einer verträumten Litze. Außerdem überprüfte ich ein wenig die Technik, bevor ich den Trabi bei einer Tankstelle vom Streusalz befreien ließ. Zwei fleißige Arbeiter aus Ghana verpassten ihm und auch dem Anhänger eine Handwäsche. Lediglich 8 Euro wollten sie dafür haben, und so rundete ich großzügig auf.

Anschließend ging es in die Stadt; jedoch wurde erst ein Stopp bei einem Postamt eingelegt. Unsere kleine Actionkamera wollten wir nicht mit nach Algerien nehmen, und so trat sie im Päckchen (für unverschämte 22 Euro) den Heimweg an.

Rein ins Gewühl: So kann man eine Fahrt durch Palermo bezeichnen. Der Trabi wurde sicher genau vor der Polizeidienststelle geparkt, und dann ging es zu Fuß weiter. Palermo zeichnet sich durch viele wirklich schöne historische Gebäude aus, die den früheren Reichtum der Stadt erahnen lassen. Heute ist Vieles verfallen, und selbst in der Haupteinkaufsstraße sind die Häuser nur im Bereich des Erdgeschoss verputzt und gestrichen. Bei einigen Gebäuden sind darüber nur leere Fensterhöhlen, und der Blick in den ein oder anderen Hinterhof zeigt die Baufälligkeit der Gebäude.

Nicht zu verachten ist allerdings das italienische Lebensgefühl auf den Straßen. Überall ist Trubel, treffen sich Menschen und unterhalten sich stark gestikulierend und laut. Auch wenn die Häuser zusammenfallen und die Autos jeden TÜV-Prüfer in den Wahnsinn treiben würden, die Kleidung und die Frisur sitzen immer perfekt.

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© Frank Schwardtmann

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